Zyklus, Hormone und Performance 🤸🏼‍♀️

gesundheit hormone zyklus Jun 14, 2021

Der Zyklus der Frau ist ein Tabuthema im Sport. Total bescheuert, da jede Frau davon betroffen ist. Der Zyklus steuert die Bereitschaft für Trainingsreize; ein normaler Zyklus ist Grundvoraussetzungen für die Gesundheit und Eure Leistungsfähigkeit. Auch für Männer ist dieses Thema interessant: Einerseits um Sexualhormone zu verstehen, andererseits um seinen Partner besser zu verstehen :).  



Das Hormonsystem! Androgene und Stresshormone  

Körperliche Fitness zeigt sich in Studien als ein unterstützender Faktor für ein langes Leben1. Generell verbessert Fitness, unabhängig von der Sportart, die Gesundheit und fördert einen aktiven Lebensstil auch im hohen Alter. Bei 3-6h/ Woche an Ausdauertraining kommt es dabei jedoch zu einer Obergrenze, über der es zu keinem oder nur sehr geringen Gesundheitsverbesserungen mehr kommt.

Leistungssportler und vor allem ambitionierte Triathleten trainieren dabei häufig mehr als 15h/Wochen, gepaart mit hoch intensivem Training. Gerade Triathlon Amateure auf der Lang- und Mitteldistanz sind dabei im Sport zumeist ebenso ehrgeizig wie in ihrem Berufsleben und absolvieren neben den ohnehin schon "zu wenigen" 15h Training die Woche noch eine 50 oder 60h Woche.

Viele selbst gecoachte Athleten stellen sich jedoch Ende des Jahres bei uns vor und können sich gar nicht erklären warum es trotz 15h intensiven Trainings die Woche über fünf Jahre nicht für die Podiums Platzierung bei dem letzten 70.3 in der Altersklasse gereicht hat und warum Ihre Leistung sich in den letzten drei Jahren nicht wirklich verändert hat. Einige Athleten stellen nach Ihrer Saisonpause und etwas Training von vier bis fünf Wochen neue persönliche Bestzeiten auf, ihre Leistung scheint sich dann aber über den Saisonverlauf nicht zu verbessern, sondern eher konstant zu bleiben oder gar abzunehmen.

Warum ist das so?

Häufig sind es nicht die einzelnen Trainingsbelastungen die Athleten „falsch“ machen, sondern alles was mit der Regenration und generellen Gesundheit des Athleten zu tun hat. Intensiver Trainingload (Intensität * Volumen) führt zu einer Stressreaktion im Körper, kann sich der Körper anpassen werden Prozesse verbessert, kommt es zu keiner Anpassung und zu immer wieder neuen Reizen führt dies langfristig zu Fitness und Gesundheitsverlust.

Versteht uns nicht falsch, um auf dem Amateur oder Profi Niveau erfolgreich mitmischen zu können muss man sehr hart und viel trainieren, jedoch muss der Trainingsload langsam gesteigert werden und man muss nicht nur ein Profi in seinen Trainingseinheiten werden, sondern auch in der Regeneration. Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind eben keine Widersprüche, sondern Teamplayer.

Vor dem Gesundheit und damit langfristigen Fitnessverlust zeigen sich häufig schon kleine Wehwehchen oder unterdrückte Faktoren, die langfristig die Leistung im Training und Wettkampf verringern- Erste Anzeichen finden sich häufig im Hormonsystem (endokrines System).  Darüber möchten Wir heute mit Euch sprechen (Teil 1).

Ein großes und komplexes System ist das endokrine System. Stark an das endokrine System gekoppelt sind vom Körper automatische Funktionen, wie beispielsweise der Herzschlag und das Zusammenziehen der Darmmuskulatur. Man bezeichnet diese, nicht willentlich beeinflussbare Funktionen, als autonom. Verschiedenste Drüsen sorgen im Körper über Botenstoffe (Hormone) dafür, dass Prozesse ablaufen. An allen Körpereigenen Prozessen sind Zielzellen und ausführende Zelle beteiligt. Hierdurch werden Prozesse ermöglicht, beschleunigt und/ oder verhindert. Diverse Hormonachsen mit Feedback Mechanismen sind dabei auch an dem Aufrecht-Erhaltung und Erbringung von sportlicher Leistung beteiligt, aber auch an Regenerationsmaßnahmen und der generellen Gesundheit

 

Stress —> Cortisol:

Seid ihr schlecht drauf oder häufig gereizt vor harten Trainingsessions? Das ist normal und häufig ein Ausdruck von einer vermehrten Cortisol Antwort auf psychische Stimulation. Cortisol ist unser Stresshormon und sorgt für diverse regulierende Abläufe in unserem Körper. Stress ist nicht immer nur "schlecht" anzusehen, so ist es ganz normal vor einer harten Trainingsession oder vor einem Wettkampf eine gewisse gereizte Stimmung zu verspüren und das das Brötchen holen am Wettkampf Tag auch wirklich „besonders lange dauert“. Cortisol hat dabei Einfluss auf eine ganze Reihe von unterschiedlichster Prozesse, u.a. Herzfrequenz, Blutdruck. Low intensity Session (LIT) helfen dabei Cortisol nach harten Sessions abzubauen und auch so wieder in eine Balance zu helfen. Zu hohen Cortisol Werte über einen langen Zeitraum schaden dabei langfristig, führen zu verminderter Knochenmasse und zu einer autonomen Dysbalance. Sieht man häufig an lang anhaltende erhöhtem Ruhepuls oder einer verminderten Herzfrequenzvariabilität über einen längeren Zeitraum. Merkt ihr über mehrere Tage einen "gereizten" Zustand ist dies ebenfalls ein relativ sicheres Zeichen, dass ihr euren "Trainingsload (Intensität x Volumen)" reduzieren müsst. 

Androgene + Östrogene:

Erste Anzeichen: dauerhafte Müdigkeit, Libido Verlust, Zyklus-Unregelmäßigkeiten. Klar Müdigkeit ist normal nach harten oder langen Trainingseinheiten. Aber fühlt Ihr Euch dauerhaft Müde (>1Woche), schlapp und irgendwie läuft Eure Partnerschaft auch nicht richtig rund? Eventuell liegt dies an einem niedrigen Androgen spiegeln. Androgene haben einen großen Einfluss auf die Muskel-Charakteristik, Regenerationsmechanismen, auf die Anreicherung von Sauerstoff im Blut, Haut, Haare und auf den Knochenstoffwechsel. Androgene stehen auf der Doping Liste, da sich schon der ein oder andere erfolgreiche Ausdauerathlet nach harten Trainings/Wettkämpfen wieder für die nächste Session/Etappe „bereit“ gespritzt hat. Androgene sind aber auch Hormone, die natürlich im Körper in geringer Konzentration vorkommen und essentiell für die Aufrechterhaltung der Homöostase sind (wie alle Hormone und beispielsweise auch EPO). Niedrige Androgen Werte zeigen dabei eine Korrelation zu erhöhter Sterblichkeit und Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen im Alter. Ausdauersportler und Sportlerinnen zeigen generell geringere Werte für Androgene, vor allem Läufer3, dies muss nicht unbedingt als krankhaft bezeichnet werden. Es gibt dabei jedoch eine individuelle Schwelle, die noch als gesund oder krank zu bezeichnen ist. In Studien von Hooper und Kollegen (2014+ 2017) zeigten sich verringerte Werte von Testosteron in den meisten Lang Distanz Läufern und bei einer retrospektiven Analyse von Kona Qualifikanten zeigten 13 von 22 Athleten medizinisch relevante verringerte Werte. Dies ist besonders interessant, da Androgen Konzentrationen im Alter abnehmen und bei Kona Qualifikanten (36.3 ±9.2 Jahre) noch von einer relativ hohen Konzentration ausgegangen werden kann, alleinig wegen dem mittleren Lebensalters. Steigert ihr also Euren Trainingsload, vor allem das Volumen, ist es wichtig, Eurem Körper genug Zeit zu geben auch seine Androgenhaushalt nach dem Training wieder zu verbessern. Hier gilt „consitency is key“ und nicht unbedingt krasse Steigerungen des Trainings über einzelne Wochen (#Trainingslager = 400%  ;) ) Krafttraining konnte übrigens in einigen Studien die Androgen Konzentration bei Athleten steigern, einer der Gründe warum Krafttraining in bestimmten Trainingsphasen ein fester Bestandteil Eures Trainings sein sollte4. Eine sehr einseitige Ernährung mit einfachen Kohlenhydraten und wenig gesunden Fette und eventuell zu wenig Cholesterin scheinen zudem prädisponierend für niedrige Androgen Spiegel zu sein5, jedoch fehlen hier qualitative randomisierte Studien um wirklich qualifizierte Aussagen über Ernährung und Androgene zu stellen. Eine etwas besser untersuchter Faktor scheint die gesamt Energieaufnahme eine Rolle beim Androgen Hormonhaushalt zu spielen und so wird hier auch diskutiert ob kurzzeitig drastisch niedrige Energieaufnahme beispielsweise durch eine Diät vor der Saison zum Erreichen des Wettkampfgewichts einen negativen Einfluss auf Androgene3. Für Frauen spielen Androgene eine besonders wichtige Rolle, da Östrogene und weitere Hormone im Menstruationszyklus physiologisch ansteigen und/ oder abfallen. Solltet ihr Unregelmäßigkeiten in Eurem Zyklus oder gar keinen Zyklus haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass Euer Hormonhaushalt durcheinander ist. Dies ist definitiv kein gutes Zeichen und ein sicheres Zeichen für Leistungseinbußen und gefährdet zudem langfristige Eure Gesundheit (à Stressfrakturen, Anämie, sprecht mit Eurem Frauenarzt darüber!)  (Eine Kurzübersicht von Gwen Jorgensen findet Ihr im unteren Video.)

Sieh dir dieses Video auf www.youtube.com an oder aktiviere JavaScript, falls es in deinem Browser deaktiviert sein sollte.

WAS IST DENN MIT “DER PILLE?!”

Nehmt ihr Kontrazeptiva ein (alle hormonellen auch hormonspiralen, gestagene , Nüvi Ring, etc. pp.) ist es wirklich wichtig, dass ihr mit Eurem Frauenarzt und/ oder Endokrinologen darüber sprecht und Eure Pille diesbezüglich angepasst wird. Es ist sehr interessant dass die NADA oder WADA hier keine Empfehlungen für Athletinnen heraus gibt, da es sehr viele verschiedenste Wirkmechanismen und Präparate von „der Pille“ gibt (alle Antibabypillen sind erlaubt ist da der O-ton). Einige steigern die Androgen Produktion, andere vermindern sie. Beispielsweise sind reine Gestagene Gegenspieler zum natürlichen Östrogen. Nehmt ihr ein reines Gestagen Präparat ist es relativ wahrscheinlich, dass Euer Östrogen Spiegel im Keller ist und dauerhaft niedrige Östrogenspiegel beeinflussen negativ die Knochenmasse was beispielsweise Stressfrakturen begünstigt 6.

Ich habe mein Training nie an den Zyklus angepasst, ganz einfach, weil ich nie einen Zyklus hatte und weil wir wenig oder nichts darüber gewusst haben.

— Yvonne van Vlerken, trimag Artikel 2019

Ich hoffe wir konnte Euch hiermit eine kleine Übersicht über zwei wichtige Hormonachsen geben, die Eure sportliche Leistung und Gesundheit beeinflussen können. Als nächsten sprechen wir über die autonome Regulation von Herzfrequenz und ob und wie wir dies praktisch im Training nutzen können.  

IN DIESEM SINNE: TRAIN SMART!  GOLO

Literatur:

1. Harber, M. P. et al. Impact of Cardiorespiratory Fitness on All-Cause and Disease-Specific Mortality: Advances Since 2009. Prog. Cardiovasc. Dis. (2017). doi:10.1016/j.pcad.2017.03.001

2. Lee, D., Artero, E. G., Sui, X. & Blair, S. N. Mortality trends in the general population: the importance of cardiorespiratory fitness. J. Psychopharmacol. 24, 27–35 (2010).

3.Hooper, D. R. et al. The presence of symptoms of testosterone deficiency in the exercise-hypogonadal male condition and the role of nutrition. Eur. J. Appl. Physiol. 117, 1349–1357 (2017).

4.Leveritt, M., Abernethy, P. J., Barry, B. K. & Logan, P. A. Concurrent Strength and A Review. Jounal Sport. Med. 28, 413–427 (1999).

5.Miller, V. J., Villamena, F. A. & Volek, J. S. Nutritional Ketosis and Mitohormesis : Potential Implications for Mitochondrial Function and Human Health. 2018, (2018).

6. Pentyala, Sahana et al. Osteoporosis in Female Athletes. Int. J. Clin. Ther. Diagnosis 1, 5–11 (2013).

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